Noch während des Krieges, am 18. Januar 1871, wird der preußische König Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum deutschen Kaiser proklamiert der Traum des liberalen Deutschland ist wahr geworden, die Kleinstaaterei ist beendet. Nach Kriegsende, im April und Mai 1871, bereist Fontane noch einmal das besetzte Frankreich und veröffentlicht seine Beobachtungen Ende November unter dem Titel Aus den Tagen der Okkupation. Über den Krieg von 1870/71 schreibt er ein Buch mit dem Titel Der Krieg gegen Frankreich, dessen erster Band 1873, der zweite 1875/76 erscheint. Zurück in Berlin, nimmt Fontane die Arbeit an den Wanderungen und seine Tätigkeit als Theaterkritiker wieder auf. Am 3. Oktober 1872 bezieht die Familie Fontane eine neue Wohnung die letzte nach einer langen Reihe von Umzügen. Bis zu seinem Tod wird Fontanes Adresse nun »Potsdamer Straße 134 c« lauten. Das Jahr 1876 bringt noch einmal eine berufliche Veränderung: Wieder verschafft ihm ein »Tunnel«-Freund einen Posten, nämlich den des Sekretärs der Akademie der Künste, der nicht nur ein Beamtengehalt, sondern auch eine entsprechende Alterspension eintragen würde. Doch schon nach wenigen Monaten bittet Fontane um seine Entlassung, da er mit der Tätigkeit überhaupt nicht zurechtkommt. Das jähe Ende des Gastspiels als Akademiesekretär hat vor allem für Fontanes ohnehin von Krisen gezeichnete Ehe schlimme Folgen. Emilie fühlt sich persönlich gekränkt durch das mangelnde Bemühen um eine Sicherung des Lebensstandards, und sie hat wohl auch ernstlich Angst vor der Armut. Die Tochter Mete wächst in eine schwierige Rolle hinein: Sie ist die Vertraute des Vaters und muss oft genug zwischen den Ehepartnern vermitteln. Sie ist in noch höherem Maß als ihre Eltern mit psychischen Problemen belastet, die man damals noch als »Nervosität« bezeichnet, und wird nicht nur die Stütze, sondern auch das Sorgenkind Fontanes bleiben. Erst jetzt, ab dem 57. Lebensjahr, widmet sich Fontane mit voller Energie seiner eigentlichen Berufung. Er arbeitet an dem schon seit langem geplanten Roman Vor dem Sturm, der im Oktober 1878 in vier Bänden erscheint. Der Roman liegt ganz auf der Linie, die Fontane bereits mit seinen Balladen eingeschlagen hat; die preußische Geschichte und das märkische Junkertum geben auch hier den Stoff ab. Sehr erfolgreich wird dieser Roman nicht, die meisten Leser empfinden ihn als langatmig und allzu reich mit Anekdoten ausgeschmückt. Das nächste Buch, die historische Erzählung Grete Minde, wird erheblich kürzer. Noch vor deren Erscheinen im Jahr 1880 beginnt Fontane mit Plänen zu den Romanen L’Adultera, Schach von Wuthenow und Graf Petöfy. Mit L’Adultera (zu deutsch: ,Die Ehebrecherin') erscheint der erste Berliner Ehe-Roman, in dem wir den heute als typisch angesehenen Fontane-Stil finden. Der Roman wird nicht sehr günstig aufgenommen, viele Leser empfinden die Darstellung als skandalös, und nach dem Vorabdruck von 1880 dauert es zwei Jahre, bis Fontane einen Verleger für die Buchausgabe gefunden hat. Der Wechsel von einer journalistischen, beschreibenden Literaturform zur fiktionalen Romanliteratur fällt Fontane nicht leicht; letztere erscheint ihm anfangs noch »so affig und laffig«, dass die Arbeit an den Wanderungen für ihn eine Art von Zuflucht bedeutet. 1881 erscheint deren letzter Band (Spreeland), der die finanzielle Lage der Familie ein wenig verbessert. 1882 folgen die Kriminalerzählung Ellernklipp und Schach von Wuthenow, ein historischer Roman um die Ereignisse des preußischen Schicksalsjahres 1806, der einigen Erfolg erzielt. Fontane veröffentlicht jetzt Jahr für Jahr einen neuen Roman; immer sind mehrere Projekte gleichzeitig in Arbeit. Graf Petöfy erscheint 1884, 1885 folgt die Kriminalerzählung Unterm Birnbaum, 1886/87 Cécile, 1887/88 Irrungen, Wirrungen,
1889/90 Stine, 1890 wieder eine Kriminalerzählung mit dem Titel Quitt, 1891 Unwiederbringlich, 1892 Frau Jenny Treibel. Neben den Romanen entsteht als Auftragsarbeit die Biographie eines seiner »Tunnel«-Freunde, Christian Friedrich Scherenberg, die 1884 erscheint. In dieser intensiven Schaffensphase gibt es in Fontanes Leben kaum äußere Ereignisse, mit Ausnahme des Todes seines Sohnes George am 27. September 1887 an einem Blinddarmdurchbruch. Fontane hat sich inzwischen einigen Ruhm als Schriftsteller erworben, und zu seinem 70. Geburtstag am 30. Dezember 1889 bleiben die Ehrungen nicht aus. Im Frühjahr 1892 erkrankt Theodor Fontane. Es beginnt mit einer Erkältung, die sich zur schweren Grippe verschlimmert und endet mit einem totalen Nervenzusammenbruch. »Wir erwarten den Arzt, der immer dringender von einer Nervenheilanstalt spricht«, schreibt Emilie Fontane an den Sohn Friedrich. Doch der Hausarzt, der die psychischen Ursachen der Krankheit erkennt, empfiehlt Fontane stattdessen, etwas Leichtes, zum Beispiel Kindheitserinnerungen zu schreiben. Diese Kur ist erfolgreich, und im April 1893 beendet Fontane Meine Kinderjahre. Als das Buch im November 1894 im Verlag seines Sohnes Friedrich erscheint, wird es ein großer Erfolg; auch das Buch Von, vor und nach der Reise aus demselben Jahr, eine Sammlung von kleinen Geschichten und Feuilletons, verkauft sich gut. Noch vor Jahresende beginnt Fontane mit dem nächsten autobiographischen Buch, Von Zwanzig bis Dreißig, das 1898 erscheinen wird. Der große Durchbruch kommt im Jahr 1895 mit dem Roman Effi Briest. Beinahe fünf Jahre hat Fontane an diesem Werk gearbeitet, und es dürfte einige Mitschuld an dem Zusammenbruch von 1892 tragen. Doch der Kampf wird belohnt: Es wird in kürzester Zeit Fontanes meistgelesenes Buch; in weniger als einem Jahr kommt es auf fünf Auflagen, und Fontane kann in sein Tagebuch notieren: »der erste wirkliche Erfolg, den ich mit einem Roman habe.« Neben Effi Briest ist noch ein zweiter Roman geradezu zum Markenzeichen Fontanes geworden: Der Stechlin. Fontane arbeitet bereits daran, während er den Roman einer Berliner Familie Die Poggenpuhls schreibt, der 1896 erscheint. Ende 1897 beginnt die Zeitschrift Nord und Süd mit dem Vorabdruck, und 1898 folgt die Buchausgabe. An den internationalen Erfolg von Effi Briest kann Fontane mit diesem Werk, in dem er noch einmal den Geist des märkischen Junkertums beschwört, nicht anknüpfen auch wenn es heute zu den bedeutendsten Werken der deutschen Literatur gerechnet wird. In den letzten Tagen seines Lebens gibt es noch ein erfreuliches familiäres Ereignis für den alten Fontane: Seine Tochter Mete, das Sorgenkind, verlobt sich wider Erwarten doch noch. Die Verlobungsfeier findet am 16. September 1898 in der elterlichen Wohnung statt, die Mutter nimmt nicht daran teil. Vier Tage danach, am 20. September, scheidet Theodor Fontane friedlich und ohne Todeskampf aus dem Leben.